Licht-und-Schattensaiten - Wie ein Baum aus dem Nebel

Licht- und Schattensaiten – Wie ein Baum aus dem Nebel

Human Noise Records
2021

Von naturinspiriertem Metal gibt es mittlerweile immer mehr auffallende und herausragende Veröffentlichungen, was das grüne Herz eines jeden wanderaffinen Wald-, Moor- und Heideburschen natürlich aufs Höchste erfreuen muss. Doch über die frisch geschlüpfte Musik des Ein-Mann-Projektes Licht- und Schattensaiten darf man überdies noch ein wenig mehr entzückt sein, denn das nunmehr schon zehnte Studioalbum mit dem pathetischen Titel „Wie ein Baum aus dem Nebel“ bewegt sich gewohntermaßen auf im Metal nur wenig erschlossenen musikalischen Landstrichen, also bevorzugt abseits der vorgezeichneten Pfade. Mit ziemlich seltsamen, womöglich in Trance ersonnenen Chorgesängen beginnt hier die Reise. Jodelnd und heulend gibt sich die klare Stimme des naturverbundenen Tausendsassas Stefan Johannes, der auch bei Jahresringe und Skarntyde seine Finger im Spiel hat. Dies ist – im wahrhaft positiven Sinne – wirklich sehr speziell, das Album entfaltet dadurch seine wesentlichen, charismatischen Charakterzüge, denen man sich beileibe nicht entziehen kann. Dasselbe gilt für die fast schon singende Klampfe, der Stefan wirklich ganz einzigartige, melodisch trällernde Töne zu entlocken imstande ist.

Nicht wie ein Keim aus dem Same,
nicht wie ein Blatt aus der Knospe.
So wie ein Baum aus dem Nebel,
wie ein Wald aus der Nacht.

Zusammen mit seinem markanten, gut verständlichen Rabengesang und den intelligent zur Vernunft mahnenden Lyrics wird hier eine Urkraft entfesselt, die immer stärker hervorsprudelt und an berauschender Intensität zunimmt, je weiter der Song voranschreitet. „Neues Licht auf alte Schatten“, ein Titel, der schon alleine für sich stehend wegweisend für Stefans Gedankengut ist, darf fraglos als eine gewaltige, den Naturkräften huldigende Hymne betrachtet werden, auch wenn durchaus als eine recht unkonventionelle. Aber gerade dies macht den besonderen Reiz dieser Aufnahme aus. Die weiteren Songs folgen verständlicherweise denselben kompositorischen Prinzipien und machen aus dem Album eine kohärente Einheit sowie eine seltene musikalische Kostbarkeit. Erwähnenswert ist auch noch „Konturen werden sichtbar“, das zweitplatzierte der insgesamt fünf vorhandenen Lieder. Dieses ist anfangs ein wenig schleppender und dramaturgischer, es baut geschickt einen Spannungsbogen aus und verwundert später – falls man ein Ohr dafür hat – mit in der Tat an durchdringendes Vogelgezwitscher erinnernden Gitarrenklängen. Wirklich sehr beeindruckend! Auf den Punkt gebracht ist „Wie ein Baum aus dem Nebel“ ein Werk, das jedem Natur- und Black-Metal-Liebhaber aus der Seele sprechen müsste und von dieser immer größer werdenden „grünen“ Black-Metal-Vereinigung ohne mit der Wimper zu zucken unterstützt werden sollte.

Tracklist
1. Neues Licht auf alte Schatten
2. Konturen werden sichtbar
3. Innerer Kompass
4. Widerstand
5. Und immer fort

Geschrieben von Adam am 2. Dezember 2021