Ars Manifestia - Divora I Figli

Ars Manifestia – Divora I Figli

Darkwoods
2019

Das schwarzmetallische Album „Divora I Figli“ (übersetzt bedeutet der Titel „Verschlingen von Kindern“) ist meine erste Begegnung mit Ars Manifestia, dabei ist es bereits das vierte dieser italienischen Ein-Mann-Institution. Auf jeden Fall ist es eine Begegnung der besonderen Art, zieht man die drei vorhandenen, die zwanzigminütige Marke knapp erreichenden oder sogar um einiges überschreitenden Tracks in Betracht. Insgesamt kriegt man hier also über eine ganze Stunde lang die mannigfaltigsten Variationen des Black Metals nach allen Regeln der Kunst fein in die Ohren gebürstet. Und ja, ich weiß, solche ellenlangen Songs sind definitiv nicht bei allen Hörern gern gesehen, und selbst ich fühle mich zuweilen von überlangen Tracks erschlagen, doch einige, wie etwa die von Symphony X oder „Dante‘s Inferno“ von Iced Earth sind mir die liebsten überhaupt, und wer bei „Divora I Figli“ die nötige Geduld aufzubringen vermag, wird hier ebenso peu à peu mit vielen musikalischen Leckerbissen belohnt. Denn die hier dargereichte Kost besteht nicht – wie bei so manchen Bands oft zu hören – nur aus einigen wenigen guten, dafür aber endlos und letztendlich viel zu dünn ausgerollten Ideen; die drei gut ausgearbeiteten Songs wirken wie eine Aneinanderreihung vieler guter Einfälle, von denen einige leider viel zu kurz aufflammen, was einem deshalb schon beinahe wie eine Verschwendung vorkommen kann. Doch im Zusammenspiel ergeben sie ein wunderbares, sich homogen entfaltendes musikalisches Sammelsurium, welches das Talent wie auch die Leidenschaft von Harmful, dem kreativen Kopf dieses Projektes, transparent werden lässt. Als kleines Beispiel zur Veranschaulichung nehme ich mal die letzten Klänge des Titeltracks: Dieser Endspurt ist mit einem so genialen Riff ausgekleidet, dass man sich selbst noch an dieser weit fortgeschrittenen Stelle wünscht, der Song würde hier nicht aufhören sondern noch weitergesponnen werden. Aber alles hat bekanntlich ein Ende, was auch das schöne Cover-Artwork mit dem Knochenkelch aus dem berühmten und vor allem im Metal-Bereich als Kunstobjekt angesehenen und sehr beliebten tschechischen Beinhaus sehr eindrucksvoll vermittelt. Im Zusammenhang mit dem Albumtitel bekommt dieses Knochenbauwerk im Ortsteil Sedletz der Stadt Kutná Hora auch eine ganz andere Bedeutung, nämlich die von der Mutter Kirche, die ihre Kinder quasi verspeist. Ein sehr passender Gedanke! Aber um wieder auf die Musik zu kommen: Harmfuls Musik gibt sich zum größten Teil klassisch bis nostalgisch, definitiv im Stile der nordischen Bands der 90er, hier und da aber auch mit einigen Post-Black-Ecken und -Kanten, gerade in den ruhigeren Part, welche die unterschiedlichen Riff-Brecher auch räumlich gut voneinander trennen. Die Kompositionen verzaubern vor allem mit ihren aufwendigen, langsam aber stetig zu hymnischen Höhepunkten aufsteigenden Harmonien, welche jedes Black-Metal-Herz erfreuen werden. Ein sehr schönes Album ist das! Am besten sich gleich die noble, auf 50 Stück limitierte Edition im schönen A5-Digipak sichern.

Tracklist
1. Faded People
2. Divora I Figli
3. Rose in Me

Geschrieben von Adam am 28. Juni 2020