Talheim Records
☠ 2020 ☠
Der erste Langspieler der australischen Black Metaller Abstract the Light ist aus ganz verschiedenen Gründen spannend. Und auch wenn sich die Band kein explizites Prog-Metal-Image verpasst hat und sich doch eher konventioneller Versatzstücke aus der Welt der finsterdunkelkalten Gitarrenmusik bedient, präsentiert sich das Debüt „Magna Sapientia Quaerere – To the Depths of Thy Soul…“ nicht nur erstaunlich unverbraucht, sondern auch eigenständig und vielschichtig. Quasi progressiv, ohne progressiv sein zu wollen.
Das grundsätzliche klangliche Gewand ist dabei – natürlich – schwarzmetallisch; in Sachen Melodieführung und Produktion sogar verdächtig nahe an bekanntem Schwedenschwarzstahl: Sehr klar und sauber, mit deutlich herauszuhörenden Gitarren- und Bassläufen und beinahe schon klinisch produziertem Schlagzeug. Vereinzelte cleane Gitarren, Chöre und Gesänge, keine Keyboards (abgesehen von den atmosphärischen Interludien und Intros). Und dazu absolut mächtige Screams, vielseitig, omnipräsent und extrem breit produziert.
So weit, so bekannt das klangliche Repertoire. Die Art, wie Abstract the Light jedoch ihre Songs strukturieren und entwickeln, ist ziemlich spannend, ungewohnt und vor allem extrem verkopft. Die Stücke arbeiten mit ständigen Kontrapunkten, dynamischen Wechseln, wiedererkennbaren Motiven, die aber ihrerseits immer wieder aufgebrochen werden. Diese ständigen Breaks machen das Album alles andere als langweilig und eintönig, zumal das technisch versierte Schlagzeugspiel und der vielfältige Gesang den führenden Gitarren immer wieder musikalisch spannende Momente entgegenwerfen. So wechseln sich melodisch gespielte Schredder-Blasts, Ruhepolmomente, klassisches Heavy-Metal-Riffing, Polyrhythmen und Frickelbassläufe in einem Höllentempo ab. Sakrale Choräle treffen hier auf infernales Geschrei und krumm gezählte Beckenakzente. Alles ist erlaubt, solange es funktioniert. Und meine Güte, das tut es hier.
„Magna Sapientia Quaerere – To the Depths of Thy Soul…“ braucht viel Konzentration, Aufmerksamkeit und mit seinen über 72 Minuten Laufzeit auch einiges an Ausdauer. Groß ist die Gefahr, dass beim Zuhören allzu viele Details einfach verloren gehen und das Hirn auf Durchzug schaltet. Abstract the Light wechseln zwischen straight forward, catchy und absolut vertrackt binnen weniger Sekunden hin und her und können damit ihr Auditorium durchaus auch mal überfordern. Diejenigen, die aber auf derartig verkopfte Musik abfahren, es aber nicht explizit krampfhaft proggy haben müssen, werden hier dagegen sehr, sehr glücklich. Zumal sich Abstract the Light nicht auf technisches Gefrickel oder noisig dröhnenden Lärm verlassen, sondern wenig effekthascherisch gutes, variantenreiches Songwriting und vielfältiges Riffing ins Zentrum ihrer Musik stellen.
Dieses permanente Einfordern von Konzentration kann beim Hören ganz schön schlauchen, denn das Album lebt davon, dass man möglichst viel an Spielereien, Wechseln und Details mitbekommt. Auf der anderen Seite hat es praktisch keine Längen im klassischen Sinne, lediglich die ersten beiden Songs „H.U.N.T.E.R.“ und „Spinning Plates in the Tapestry of Existence“ kommen beim ersten Hören noch ein wenig ungelenk daher. Dennoch fordert gerade in einer auf schnellen Konsum gepolten Musikwelt ein Album über knapp eineinviertel Stunden seinen Preis. Doch gerade das ist eigentlich auch ein schönes musikalisches Statement, Musik nicht mehr nur ständig zum Berieseln zu benutzen, sondern dafür mal bewusst mehr Zeit einzufordern. Und alle, die nicht so lange am Stück durchhalten können, gehen sich zwischendurch einen Kaffee kochen. Denn es wäre viel zu schade, etwas in der mannigfaltig düster-morbiden Klangwelt von Abstract the Light zu verpassen. Dazu ist deren unkonventionelle, aber gleichzeitig überhaupt nicht prätentiöse oder gewollt wirkende Musik einfach zu besonders.
☠ Tracklist ☠
1. H.U.N.T.E.R.
2. Spinning Plates in the Tapestry of Existence
3. Waters of Fire
4. Broken Shards, of Inner Self
5. Primeval Essence of Nothingness
6. Smouldering Black, Thy Heart
7. Carousels of Eternity