Siechtum - Auf der Suche nach dem Verbleib des unterirdischen Volkes

Siechtum – Auf der Suche nach dem Verbleib des unterirdischen Volkes

Pesttanz Klangschmiede
2024

Spätestens seit dem 2021er Album „Hinab“ gehört das Raw-Black-Metal-Projekt Siechtum zu einer festen und ernstzunehmenden Größe des deutschsprachigen Undergrounds. Und dieser Status wird mit dem aktuellen Konzeptwerk „Auf der Suche nach dem Verbleib des unterirdischen Volkes“ nur noch weiter untermauert. Dem sehr langen und recht unkonventionellen Titel nach nimmt uns Mastermind Waheela diesmal auf eine unterirdische Reise ins Reich der rätselhaften, aus dem heimatlichen Sagen- und Legendenschatz bekannten, den meisten von uns aber eher unter dem viel geläufigeren Begriff Zwergenvolk, oder was man sich darunter so vorstellen mag, bekannten Mönken. Das gesamte musikalische Konzept ist dabei in ein – allem Anschein nach in einem geheimnisvollen Steinkreis aufgelesenes bzw. entdecktes – Tagebuch eines anonymen Schreibers verschnürt (nur in der auf 100 Stück limitierten Edition erhältlich!), was das Hörerlebnis durch eine stimmige Optik wie Haptik noch zusätzlich aufwertet. Sich so das Gelesene vor Augen haltend, sich die Mönken glaubhaft im Geiste vorstellend, entfaltet die Musik eine weitere metaphorische Ebene, die mit vielen feinen und bis dahin womöglich gar überhörten Nuancen aufwartet. Die fünf vorhandenen Tracks, die zusammen eine feste und zielgerichtete Einheit bilden, haben nämlich allerlei an kuriosen Geräuschen, wie sie ähnlich in den zahlreichen Dungeon-Synth-Projekten vorkommen, zu bieten, die sich nur als mystisch und magisch oder irgendetwas dazwischen einstufen lassen. Die Hauptstütze ist aber nach wie vor der relativ – mittlerweile aber schon hier und da unverkennbar runder gewordene und stellenweise gar an die Band Aaskereia erinnernde – rohe, mit schnellen, energischen Rhythmen und erdigen Riffs ausstaffierte Black Metal, der in den beiden überlangen Stücken „Von Rabenbrot und Mönken“ und „Niedergang“ lautstark ausgelebt wird. Dennoch haben alle Stücke etwas gemein, sie werden nahezu nahtlos auf eine malerisch-erzählerische Vorgehensweise miteinander vereint: Hier unsichere Schritte im Laub, gefolgt von finstrer Dunkelheit, knarzende Wurzeln, Vogelstimmen, das Weinen eines Kindes, wabernde Atmosphäre, nicht wirklich identifizierbare Klopfgeräusche… Die schönen Aquarellbilder der Künstlerin Lieselotte, welche auch noch die ausschmückenden weiblichen Vocals beisteuerte, helfen hierbei auch noch der Phantasie ein wenig auf die Sprünge.

„Auf der Suche nach dem Verbleib des unterirdischen Volkes“ verströmt eine Musik, die sich nach dem geistigen Verzehr des Tagebuchs am besten mit verschlossenen Augen zu genießen empfiehlt. So wird man vielleicht doch noch wahrhaft einer Wesenheit aus dem Volk der Mönken begegnen können, wer weiß… Diese kleine EP ist definitiv ein Kleinod, das alle metallischen Heimatkundler brauchen, um es in ihren Schatztruhen aufzubewahren. Also ran an den Speck!

Tracklist
1. Der letzte Weg
2. Von Rabenbrot und Mönken
3. Auf zu neuen Gefilden
4. Niedergang
5. Unter Steinen

Geschrieben von Adam am 2. Mai 2024