Leger des Heils - Sonnenflammen

Leger des Heils – Sonnenflammen

Aristae (CD)
Only the Sun Knows Records (LP)

2022 / 2024

Als langjähriger Anhänger des Neofolk-Genres war ich gespannt auf die neueste Veröffentlichung von Leger des Heils, einem Projekt welches ich nach dem Klassiker „Memoria“ aus dem Jahr 2008 etwas aus den Augen verloren hatte. Die „Synthfolk“-Ausrichtung der frühen Alben und der pathetische, oft gewöhnungsbedürftige Gesang gepaart mit martialischen Samples sorgte regelmäßig für polarisierte Meinungen, oft war gar von kitschigem „Neofolk-Schlager“ die Rede. Man mag davon halten was man will, Fakt ist, dass die Gitarre von Andreas Arndt (Sonnentau) den Arrangements auf „Memoria“ sehr gutgetan hat und die Lieder mit einer organischen Authentizität bereicherte. Und zum Glück ist dieser auf „Sonnenflammen“ auch wieder mit von der Partie. Die mir vorliegende Vinyl-Fassung mit sehr ansprechendem, schlichtem Cover-Artwork und rotem Heißfoliendruck (Fans von Death in June dürften sich hier ästhetisch sofort heimisch fühlen) wurde erst jüngst auf dem jungen Label Only The Sun Knows Records veröffentlicht, die CD bereits 2022 über das bandeigene Label Aristae. Doch was erwartet den darbenden Neofolk-Bewunderer nun musikalisch?

Die collagenhafte, ungestüme Eröffnung mit dem Titel „Gabeta“ lässt zunächst vermuten, dass das Album wieder experimenteller und weniger songorientiert ist. Doch bereits das nächste Stück „Kingdom‘s Gone“ ist eine wunderbare, melancholische Perle des Apocalyptic Folks mit allen liebgewonnenen Trademarks des Genres, von sehnsuchtsvoller Melodica und Akkordeon (Forseti lassen hier grüßen) bis zum ätherischen Glockenspiel im Hintergrund. Interessant ist, dass sich Bandkopf Mario Ansinn nun auch verstärkt der englischen Sprache zuwendet, so auch beim nachfolgenden Song „Chariot of Fire“, einer treibenden, kämpferischen Hymne, die lange im Ohr verweilt. Ebenso fällt auf, dass sich Arrangements und Produktion deutlich gesteigert haben!

Mit „Devotion“, „Lied der Flamme“ und „Europa“ sind weitere restlos überzeugende, bewegende Neofolk-Stücke auf dem Album. Dennoch, ein wenig traurig darf man hier schon sein, denn letztendlich sind leider nur fünf „echte“ Lieder auf „Sonnenflammen“ untergebracht. Doch am Ende des Tages muss ich trotzdem konstatieren, schon lange kein so schönes Album in diesem oft vernachlässigten sowie von Selbstüberschätzung und Banalität überschwemmten Genre gehört zu haben, und kann eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen! Denn streng genommen sind die Leute, die als erste mit dem Finger auf vermeintlichen „Kitsch“ zeigen, meines Erachtens einfach nur unfähig, unverfälschte Schönheit und Ausstrahlung zu erkennen – ganz ohne postmoderne Meta-Ebenen und Ironie als Selbstzweck. Danke an Leger des Heils für dieses schöne Stück Musik!

Tracklist
1. Gabeta
2. Kingdom’s Gone
3. Chariot of Fire
4. Devotion
5. Sonnensturm
6. Lied der Flamme
7. My Dark Love
8. Scarlet Flower Seed
9. Europa

Geschrieben von Benni am 27. April 2024