Idolos - Ahi Cab

Idolos – Ahi Cab

Anthrazit Records / Wolfmond Production
2020

Die erste EP von Idolos ist genau genommen eine in Atmospheric Black Metal verpackte Message an alle Erdbewohner, quasi eine Botschaft aus dem All, denn die Band ist – wenn sie sich nicht gerade irgendwo in Frankreich aufhält – auf dem Planeten Venus beheimatet. Und die beiden mysteriösen sowie blaublütigen Abkömmlinge des Volkes von Atlantis MgRcH und NnK sind nur deshalb zurück auf die Erde gekommen, um uns in den aktuell herrschenden schwierigen Zeiten beizustehen, in der Hoffnung die kosmische Ordnung derart wiederherstellen zu können. Dabei ist dies schon der zweite Versuch ihrerseits. Der erste wurde zu Anfang des Jahres über Anthrazit Records unternommen, der nächste dann Ende April mit Wolfmond Production im Rücken. Mit dieser zweigleisigen Taktik gedenkt man wohl viel größere Kreise am Firmament ihres ehemaligen Heimatplaneten zu ziehen, was den beiden Außerirdischen mit einem solch interessanten Konzept und den dazugehörigen, wirklich stimmigen Musikergüssen auch mühelos gelingen sollte.

Der auf Spanisch vorgetragene Prolog wie die beiden unterschiedlichen Cover-Artworks (das mir zugrunde liegende, auf 100 Exemplare limitierte Digipak von Wolfmond Production kommt übrigens mit noch einem zusätzlichen extraterrestrischen Track daher) lassen die Gedanken aber vielmehr zu der alten, auf unerklärliche Weise untergangenen Kultur der Mayas abschweifen und weniger mit einem planetarischen Nebel verhüllen. Ein Blick auf die Lyrics bringt auch Begriffe bzw. Namen wie Xibalbá, Huracán, Xmucane, Xpiacoc, Hunahpú und Ixbalanqué zum Vorschein. Die letztgenannten beiden Namen gehören den Göttlichen Zwillingen, den Hauptprotagonisten des heiligen Buchs Popol Vuh der Quiché-Maya in Guatemala. Dort wird geschildert, wie diese in einem Ballspiel den Kampf gegen die Unterweltherrscher gewannen und letztendlich durch Selbstopfer zu Sonne und Mond wurden. Und um diese Geschichte scheinen sich auch die musikalischen Kreise von „Ahi Cab“ zu drehen, wenn man sich die zu Dialogen gefassten Songtexte so durchliest. Die Thematik ist also eher auf die Mythen der Mayas als auf den Planeten Venus ausgerichtet. Obwohl, wenn man sich ein wenig mit den alten südamerikanischen Hochkulturen beschäftigt, wird man vielleicht auch schon gehört haben, dass nicht wenige der unter Verschluss gehaltenen Artefakte aus dieser Zeitepoche und geographischen Lage auch eindeutige Abbilder von scheinbar außerirdischen Wesen und gar Raumschiffen beinhalten. Wer weiß, wieso die Mayas wirklich auf einmal verschwunden sind. Vielleicht wurden sie von Außerirdischen abgeholt. Oder abgeerntet… Vielleicht sind wir alle doch nur Alien-Food, und wenn nicht unsere Körper, dann werden vielleicht unsere „Seelen“ von irgendwelchen sogenannten „Göttern“ aufgefuttert. Solche Funde bringen leicht die Phantasie zum Kochen, und sie könnten z. B. auch Weltreligionen ad absurdum führen. Nach Meinung nicht weniger gehören solche Abbilder bzw. Götzenbilder (auf Spanisch Idolos) vernichtet. Aber zum Glück haben bestimmte Leute, wie der Papst etwa, nicht bei allen Dingen das letzte Wort, denn dann wäre auch der Black Metal garantiert verboten, haha…

Beim Stichwort Black Metal sind wir auch schon wieder bei der Musik. Trotz des Maya-Hintergrunds braucht man nicht zu befürchten hier mit Panflöten- und/oder Okarina-Klängen konfrontiert zu werden. Auch bei Idolos bleibt man ausschließlich den klassischen Metal-Instrumenten treu, im Falle der vorliegenden atmosphärischen Ausrichtung des Black Metals natürlich mit einer ganzen Menge an schrammelnden Gitarren und gediegenem Schlagzeugspiel. Dennoch, irgendwie wäre es schon cool, wenn der Black Metal hier mit einigen wenigen südamerikanischen, den Sound ausschmückenden Klangelementen bereichert worden wäre. Aber vielleicht wird das noch in Zukunft geschehen, den „Ahi Cab“ bildet erst den ersten Teil einer geplanten Trilogie. Und wenn nicht, auch nicht schlimm, denn den Black Metal können die beiden Franzosen – pardon, Venusianer natürlich – ganz vorzüglich. Ihre Stärke liegt ganz klar im gnadenlos rhythmischen Songaufbau, der jeden auch noch so müden Hundeknochen in Bewegung zu versetzen vermag. Im Zusammenspiel mit den geschwärzten Melodien und der oft sich mehrstimmig überlagernden Stimmgewalt ein echter Hörgenuss. Viele besonders raffinierte Kunstgriffe, wie z. B. das ellenlange Gitarrensolo zum Schluss von „The Deeds Above“, bei denen definitiv kosmische Vibes mitschwingen, sind das interplanetare Salz in der galaktischen Ursuppe. Besonders gut aber finde ich den Wechsel von der träumerischen Ambient-Malerei zu dem fett groovenden Black-Part im dritten Track „The Summoners“. Das ist definitiv der Song, welcher die wesentliche Essenz der Band am besten einfängt und widerspiegelt. Von daher unbedingt anspielen! Mich hat diese EP definitiv sehr positiv überrascht und gestimmt. Hätte nicht gedacht, in dem eher recht zweckmäßigen Digipak (aber ich will hier gerecht sein, denn selbst die Major Labels haben aus Kostengründen nur selten etwas besseres zu bieten) solch eine wuchtige Musik vorzufinden! Der zweite Teil der Trilogie soll übrigens schon in trockenen Tüchern liegen, und es wird auch an einer möglichen Vinyl-Auskopplung gearbeitet. Und das sind wahrlich schöne Aussichten!

Tracklist
1. Prolog
2. The Deeds Above
3. The Summoners
4. The Maiden and the Tree
5. Blue Blooded Beings (Extraterrestrial Track, nur auf dem Digipak von Wolfmond Production)

Geschrieben von Adam am 7. September 2020