Kvlt und Kaos Productions
☠ 2025 ☠
Der Titel des dritten Albums von Niederwelt bringt auf den Punkt, was wir eigentlich nicht wahrhaben wollen: Der Mensch ist keine Krone der Schöpfung, er ist nicht das geliebte Kind irgendeines (nicht existenten) Gottes, er ist einfach nur ein Tier, das perverseste und grausamste Tier, das selbst seiner eigenen Spezies die schlimmsten Gräuel anzutun vermag (gerade im aktuellen Ukraine-Krieg wieder ganz deutlich sichtbar, wo ukrainische Gefangene, aber auch eigene Leute von einigen russischen Soldaten brutal geschlagen, verstümmelt und noch sehr viel schlimmer misshandelt werden). Und von solch unmenschlichen – jedoch von reiner Menschenhand begangenen und somit doch menschlichen – Taten handelt dieses lose Konzeptalbum.
Mit „Perilaos Fluch“ nimmt die hier abgebildete abartig-menschliche Erfolgsgeschichte in der Spätantike ihren ruhmreichen Anfang. Perilaos, ein geschickter griechischer Erzgießer, hat einst die unter dem Namen Sizilianischer Bulle bekannte Foltergerätschaft im Auftrag des sizilianischen Herrschers Phalaris von Akragas angefertigt. Als Dank dafür, durfte er dann als erster Platz in dieser überdimensionalen Pfanne nehmen. Ja, er wurde da drin quasi lebendig gebraten! Eine schöne Vorstellung ist das, nicht wahr? Wer schon mal beim Braten ein paar Spritzer heißes Öl auf seine Haut abkriegte, der weiß am besten, wie verdammt unangenehm sich das anfühlt. Aber gleich komplett im eigenen Saft gebraten zu werden? Könnt ihr euch das mal überhaupt in euren Köpfen ausmalen? Wenn die Haut anfängt sich großflächig schwarz zu färben und die brodelnde Hitze sich ganz langsam aber unaufhaltsam immer weiter in tiefere Fleischschichten vorarbeitet, die Lippen und Nase sich einem komplett vom Gesicht lösen und die Augäpfel wie Marshmallows dahinschmelzen… Man möchte auf der Stelle tot sein, aber das züngelnde Feuer unter dem Bullen lässt euch genügend Zeit, um das so richtig auskosten zu können… Na, noch mehr Details gefälligst? Wohl kaum… Um diese unsägliche Tortur zu untermalen, haben sich Niederwelt absichtlich für einen sehr dumpfen Folterkellersound entschieden. So pocht die Musik, als ob sie aus einer fernen, bereits vergangenen Epoche zu uns herüberschwappen würde. Die surrenden Gitarren und das Schlagwerk erzeugen nahezu ständig mitreißende und repetitive Abfolgen, die mal schneller, mal bedächtiger, mal aufdringlicher und mal gedämpfter gehämmert werden. Selbst die Leadgitarre geht einvernehmlich mit diesen daher, wodurch der Eindruck eines total tighten und homogenen Zusammenspiels, einer festen, blutverklebten Einheit aller Instrumente entsteht. Diese sich windende und andauernd verändernde Monotonie wird natürlich durchgehend durch eine recht scharf angestimmte, die Luft zerschneidende Stimme unterbrochen, was dem Aufbau der angedachten, restlos hoffnungslosen Stimmung absolut dienlich ist.
Die weiteren sieben Songs stehen musikalisch alle auf einem ähnlich konstruierten Gerüst. Das Album wirkt dadurch wie aus einem Guss, alles zieht an einem Strang, führt tiefer und tiefer in den glatten Untergang. So werden des Weiteren tückische Minenfelder, allerlei Völkermorde und auch die immer noch faszinierenden heiligen wie blutigen, im Namen des Herren geführten Kreuzzüge besungen und thematisiert, wobei die intelligent verfassten Lyrics immer genügend Spielraum für allerlei Spekulationen und/oder Interpretationen zulassen. Die stimmliche Variation reicht dabei vom typischen Black-Metal-Gekreische über tief angestimmten Sprachgesang bis hin zu relativ klaren Gesangsdarbietungen. Letztere erinnern teils an Rammstein (zumindest im ersten Song) oder, wenn es morbider wird, an Arbor Ira (auch eine wirklich gute und sehr eigenartig agierende, leider aber total verkannte deutsche Band). Die Rhythmusfraktion leistet dabei stets sehr gute Arbeit, in jedem Song – vor allem aber im sechsten mit dem Titel „Blut und Stahl“ – gibt es zahlreiche Momente, wo man sich seine Birne genüsslich abschrauben kann, trotz all der Beklommenheit, die hier in jedem einzelnen Intervall irgendwo mitschwingt und definitiv zum Nachdenken anregt. Zwischendurch kann man sich hier in der Tat an Darkthrones 1995er Album „Panzerfaust“ erinnert fühlen, und das will schon was heißen. Niederwelt sind wirklich eine echte Underground-Perle, die es definitiv verdient, von euch entdeckt zu werden. Die Band weiß, was sie will und lässt sich auf ihrem Weg von nichts und niemanden beirren. Und ja, auch das kann man heutzutage selbst im Black Metal nicht mehr immer erwarten.
☠ Tracklist ☠
1. Perilaos Fluch
2. Narben im Verstand
3. Abart Mensch
4. Edelweiß
5. Glück auf!
6. Blut und Stahl
7. Unter dem Banner des Kreuzes
8. Die Herren der Schöpfung (Der Antichrist spricht)