Black-Hole-Fest-Germania-Bericht

Black Hole Fest Germania

Die Balver Höhle ist in metallischen Kreisen bis jetzt ausschließlich als Veranstaltungsort des Prophecy Festes bekannt gewesen. Seit kurzem trifft dies aber nicht mehr zu, denn mit Black Hole Fest Germania hat der Ableger der Festival-Agentur aus der Schweiz einen würdigen Konkurrenten an den Start geschickt. Am 29. und 30. September 2023 wurde die beschauliche Höhle erstmalig für zwei Tage lang von diversen, im rasanten Geballer bestens geübten Horden in bestialische Black-Metal-Hölle verwandelt, dass es so nur krachte! Ja, wenn man sich das Billing nur so anschaut, dann weiß man sofort, was da los war. Wir von Schattenpfade waren zusammen mit der gesamten Band Krähenfeld (die hoffentlich nächstes Jahr in der glücklichen Lage sein wird, euch beim nächsten Black Hole Fest auf deutschem Boden ihr nächstes Album präsentieren zu dürfen) und noch ein paar weiteren Freunden am Start, um euch aus erster Hand von diesem mit unheiligen Allianzen übersäten musikalischen Schmaus zu berichten.

Am ersten Tag traten die Bands Vaciø, Horns, Havukruunu, Darkmoon Warrior (wohl als Ersatz für Ellende), Antzaat, Hallig (auch als Ersatz für die krankheitsbedingt ausgefallene Totenwache), Warmoon Lord und Helleruin auf. Man merkt gleich: Die Zusammenstellung ist nicht alltäglich, denn hier gibt man auch Bands, die anderswo sicherlich direkt eine Absage kassieren würden, Raum zur Entfaltung ihrer dunklen Kräfte. Die noch wenig bekannten Vaciø aus Spanien, die hier ihr Bühnendebüt feierten, legten mit ihrem melodischen Black Metal gleich los, als ob es keinen Morgen gäbe. Schließlich wollte man doch von Anfang an einen guten Eindruck hinterlassen und den Zuschauern in guter Erinnerung bleiben. Dass dieses Vorhaben mehr als gelungen ist, konnte man an so aufgeschnappten Kommentaren wie „Wenn diese bockstarke Band der Opener ist…“ vernehmen. Definitiv ein sehr gelungener Auftakt! Horns aus Polen taten sich da etwas schwerer. Ihre Bühnenpräsenz hat sich zumindest etwas zurückhaltender in meiner Erinnerung verankert, und auch die Tatsache, dass der Sound in der Höhle insgesamt doch ein wenig matschig – Bass und Schlagwerk in voller Lautstärke dominierten fast immer das Geschehen – herübergeschwappt kam, konnte man der Band ohne Vorkenntnisse ihrer Musik habhaft zu sein kaum folgen. Dasselbe Spiel bei Havukruunu, doch bei den mir bekannten Finnen saß ich natürlich fester im Sattel, so dass die Songs zugeordnet werden konnten. Dennoch war ihre Präsenz nicht so powerful wie erhofft. Darkmoon Warrior haben dann aber wieder einiges geradegerückt. Die gewaltige Präsenz des Bassisten und Schreihalses Atom Krieg gepaart mit der wilden Darbietung des tobenden Gitarristen Greifenor und des Schlagwerkers L.V.X. haben eine wirklich ungeheure Energie auf der Bühne entladen. Das hat die Höhle zum Beben gebracht, was mit viel Zuspruch seitens des Publikums honoriert wurde. Die maskierten Belgier von Antzaat hatten ebenso ein leichtes Spiel, denn ihr pfeilschneller und melodischer Occult Metal, der mich sogleich etwas an Vorga erinnerte, geht bei jedem ganz leicht ins Blut über. Super Band, die nicht nur auf Platte, sondern auch live jederzeit zu überzeugen versteht. Anders Hallig aus Bochum, eine Band, die aktuell überall im Munde ist und mit der just ganz frisch erschienenen Split-Veröffentlichung mit Friisk wieder mal ein echtes kleines Highlight abgeliefert hat. Doch auf der Bühne wollten Hallig nicht so richtig zünden, was zum Teil sicherlich an dem etwas gelangweilt wirkenden Fronter lag. Aber es gibt nun mal die Bands, die im Studio super abliefern können, live dafür weniger, ebenso wie es Bands gibt, die nur live sehr gut funktionieren, während sie aus den Boxen nicht so stark erschallen und deshalb nur bedingt empfehlenswert sind. Warmoon Lord aus Finnland haben anschließend bewiesen, dass sie beide Disziplinen gut beherrschen. Bevor es zum Schluss bei den Niederländern von Helleruin noch dunkler an dem bereits dunklen gewordenen Abend wurde, hat die mit allerlei Rüstungszeug und Keyboard ausstaffierte Live-Band (das Projekt wird ansonsten im Alleingang von Lord Vrajitor geführt) die Anwesenden voll in ihren Bann gezogen. Echt gut! Somit wer erste Tag für viele sicherlich eine echte Offenbarung!

Zweiter Tag: Hier wurde mit den Erfahrungen des ersten Tages am Sound wohl noch etwas gewerkelt, denn vieles konnte man nun differenzierter unterscheiden, kam es meinen Ohren zumindest vor… So nahmen Nazghor aus Schweden ohne Kompromisse das Publikum gleich für sich ein. Die Band geizte nicht mit Double-Bass-Attacken und Schredder-Gitarren, ihr Auftritt kam einem gelungenen antireligiösen Schlachtfest gleich. Und auch wenn die Schweden auf meiner persönlichen Muss-Sehen-Liste standen, hat mich die finnische Band Antimateria noch mehr beeindruckt. Die Live-Musiker (eigentlich ist Antimateria ebenso wie Warmoon Lord ein Ein-Mann-Projekt) standen alle wie aus einem Guss auf der Bühne und lieferten eine sehr dichte, der Thematik angepasste kosmische Performance ab. Hut ab! Es ist eine Band, die ich von nun an auf dem Schirm haben werde. Die Italiener von Enisum hatte ich dagegen schon viel länger auf dem Schirm und in den Ohren, doch live konnte ich sie bisher noch nicht erleben. Nun hat sich dieser Umstand glücklicherweise geändert. Mit den weitgefächerten Klanglandschaften ihres naturverbundenen Arpitanian Black Metals haben sie die Balver Höhle wahrlich verzaubert. Wenn man wollte, so konnte man bei geschlossenem Auge auf den nackten Felsen Bäume wachsen sehen – und nicht nur am Mikro. Diese Show war in der Tat atmosphärisch und intensiv bis in die Haarspitzen. Danach wieder ein Act aus Polen, diesmal die etwas umstrittenen Arkona (die nicht mit den gleichnamigen Russen verwechselt werden sollten), die sich mit Horns vom Vortag den Sänger teilen. Wie erwartet, wuchtete die Band wie ein kranker Panzer nur straight und rücksichtslos nach vorne, alles dem Erdboden gleichmachend. Die Polen machten auch an diesem Abend keine Gefangenen und spielten sich knallhart durch ihr Set. Sehr interessant zu sehen, wenn auch die Band wohl niemals meine Kutte zieren wird… Nach dem nächsten Umbau (diese waren wohl bestens getaktet und dauerten eigentlich immer gleich lang – hier gebührt der Orga Respekt!) kamen endlich die von vielen schon sehnsüchtig erwarteten Nocturnal Depression aus Frankreich an die Reihe. Da Depressive Suicidal Black Metal nicht mein bevorzugtes Genre ist, hat mich deren Gig auch nicht wirklich umgehauen, auch wenn andere Besucher da völlig aus dem Häuschen waren. Dafür lag der nachfolgende Ritt von Ghörnt voll auf meiner Wellenlänge! Die Band aus der Schweiz – von den Organisatoren wohl als das Aushängeschild in Sachen aktueller Schweitzer Black Metal passend ausgewählt – strotzte nur so vor Tatendrang und unbändiger Energie. Es war definitiv der kraftvollste Act, und das ganz ohne irgendwelchen Schnickschnack. Das ist aber kein Wunder, zehrt die Horde doch vom legendären Celtic-Frost-Erbe, denn die Wut in deren mächtigen Riffs ist denen von „Morbid Tales“ ebenbürtig. Heftig gut! Und bevor zur späten Stunde die Headlinerer Watain nochmals alles in Brand gesetzt haben (dazu muss man auch nichts schreiben, denke ich; einige Leute sind auch extra nur für die Schweden zu dem Fest gekommen, wie ich vernommen habe), kamen Thy Light aus Brasilien, der geheime Headliner, auf den so ziemlich alle gewartet haben, auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Auch wieder Depressive Suicidal Black Metal, also auch nicht so ganz meine Baustelle, aber mit den Kerzenleuchtern und dem sehr stimmigen, orangenfarbenem Licht (die anderen Bands wurden meist mit einem Mix aus Weiß, Blau und Rot bedacht) viel imposanter zur Schau gestellt. Und schon wieder Kapuzen – ein Trend, der wohl aktuell fast die gesamte Black-Metal-Szene erfasst zu haben scheint. Davon mal abgesehen, steht der Mix aus den sich langsam aufbauenden Songstrukturen und ausbruchartigen Eruptionen bei der Hörerschaft nicht umsonst so hoch im Kurs. Das hat in der Tat was, es kommt live wirklich sehr gut und glaubhaft rüber und wusste selbst mich auf Anhieb zu überzeugen.

Fazit: Die erste Auskopplung des Black Hole Festes Germania war für alle Beteiligten ganz sicherlich ein voller Erfolg. Auch für die Veranstalter, obgleich in die Balver Höhle locker noch doppelt so viele Leute gepasst hätten wie anwesend waren. Aber das wird bei der Fortsetzung dann bestimmt der Fall sein. Schließlich will man dieses Event beibehalten und nächstes Jahr sogar noch übertrumpfen, wie mir schon zu Ohren gekommen ist. Nicht nur mit einem noch besseren Billing, sondern bestimmt auch mit noch etwas besseren, durch die nun gemachten Erfahrungen, organisatorischen Schritten, wozu ein etwas differenzierterer Gesamtsound zählen dürfte. Aber lassen wir uns doch nächstes Jahr einfach überraschen! Erstmals gehen von meiner Seite aus beide Daumen nach oben und ein großer Dank für die Einladung!

Geschrieben von Adam am 15. Oktober 2023