Anthia - Gaslighter

Anthia – Gaslighter

Eigenproduktion
2022

Das lettische, nun in Krefeld am Niederrhein ansässige Progressive-Death-Metal-Projekt mit dem obskur klingenden Namen Anthia dürfte selbst den sehr umtriebigen Szenekennern noch gänzlich unbekannt sein. Interessierte und neugierige Seelen sollten diesen lückenhaften Umstand deshalb schleunigst korrigieren. Denn: Anhand der gar seltsam wurzelnder, sich oft überschlagender, Melodiefragmente aufgreifender und wieder verwerfender Gitarrenarbeit des titelgebenden Openers, will sich dieses Album zunächst nur ganz schwer mit irgendetwas Dagewesenem vergleichen. Erst ab dem zweiten Track „Flabbergast“ kann ein vorsichtiger Versuch einer grobschlächtigen Klassifizierung vorgenommen werden. Das wilde Draufhämmern auf die Keyboard-Taste vor dem Hintergrund einer dezent die Stimmung tragenden Synthie-Melodie, dazu der sehr einprägsame Gesang, das erinnert entfernt an einen Mix aus The Vision Bleak und Entropia Invictus, doch sehr kunstreich mit Melo-Death verknotet. Ungewöhnlich? Aber ja doch! Und so etwas sucht sicherlich der moderne, von angeblich ständigem Einerlei gequälte Non-Stop-Streamer, dem mittlerweile alles zu abgedroschen klingt. Ab Song Nummer drei wird die Sache auch schon wieder etwas verlagert, teils sogar in leicht theatralisch angehauchte Richtung. Mastermind Herman Rigmant will sich scheinbar gewollt den denkbaren, seitens der Hörer gewählten Vergleichen oder Kategorisierungen entziehen. Das Album verfolgt zwar durchgehend die progressive, mit vielen und noch mehr Arrangements gepflasterte Line, das aber immer andere, von purer Kreativität brennende Pfade nehmend. Zu dieser Diversität tragen auch die vielen Gastmusiker einen nicht gerade kleinen Anteil bei. Neben dem Hauptsänger Serg, der den gutturalen, standesgemäßen Death-Part übernimmt, halfen noch drei weitere Vokalisten bei der Aufnahme dieser Scheibe aus (auch eine weibliche Stimme ist dabei), was positiv auffällt und wohlige Akzentuierungen im Gesamtklang setzt. Der achte Song „Procrastination“ sticht hierbei besonders heraus, zunächst mit den turbulenten Akkorden, später mit den hohen Gesangsparts wie dem dezenten Einsatz von Dudelsack. Und auch die englischen Lyrics sind nicht von der schlichten Sorte, sondern tiefgründig und definitiv ins Poetische abschweifend. Abwechslung wird bei „Gaslighter“ wahrhaftig ganz groß geschrieben. Demnach kann man hier ganz klar nur zu dem abschließenden Stichwort „Geheimtipp!“ gelangen.

Tracklist
1. Infancy (Intro)
2. Gaslighter
3. Flabbergast
4. Anthia
5. The Origin of Species
6. Chairborne
7. Samedi
8. Procrastination
9. Exaltation
10. Prayer

Geschrieben von Adam am 13. September 2023