Acédia - Fracture

Acédia – Fracture

Les Acteurs de l’Ombre Productions
2022

Acédia aus dem frankokanadischen Québec kredenzen uns mit „Fracture“ bereits ihr drittes Werk, diesmal über die französische Schmiede Les Acteurs de l’Ombre Productions. Sechs Stücke bekommen wir präsentiert, alle mit deutlicher Überlänge; die Gesamtspieldauer von „Fracture“ liegt bei immerhin knapp über 40 Minuten. Und auch musikalisch gibt man sich progressiv. Acédia spielen hektisch verkopften, dissonanten, beinahe schon avantgardistischen Black Metal – musikalisch höchst anspruchsvoll, technisch und ganz schön schwergängig. Der Opener „La Fosse“ steigt dabei direkt mit zügigem Tempo, abgedrehten Intervallfolgen, derbe treibendem Schlagzeug und wüstem Gekeife ein. Diese Mischung aus krude dissonant ineinander geschichteten Gitarren, Gehacke und undurchsichtigen Songstrukturen prägt dann auch die folgenden Stücke. Dann und wann blitzt eine markante Gitarrenmelodie, ein grooviges Bassriff oder eine fette Schlagzeugfigur auf, aber wenn Acédia eines nicht sind, dann große Anhänger von Hooklines. Sie schaffen viel eher permanente musikalisch-harmonische Spannungen, die eher seltener als regelmäßig aufgelöst werden. Dadurch ergibt sich ein konstantes Bild von Rastlosigkeit – als wäre ein musikalischer Geist unstet auf der Suche nach etwas, nach einer Erlösung, die er nie finden kann. Zur harmonischen Vollendung kommt die Raserei und Sucherei auf „Fracture“ in ihrer Dissonanz nicht.

Produziert ist das alles standesgemäß außerordentlich klar. Jede Gitarrennote, jeder Basslauf und jeder Beckenschlag sind deutlich wahrzunehmen und zu verfolgen. Das macht das Zuhören fast etwas analytisch, weil man immer gespannt darauf wartet, was für eine neue abgedrehte Harmoniefolge und Intervallschichtung hinter dem nächsten Break lauert. Doch so spannend das teils auf dem Papier klingen mag, Acédia machen musikalisch schon richtig schwere Kost. Das ist definitiv nichts für nebenbei und braucht beim Zuhören alle Aufmerksamkeit und Konzentration. Manchmal schleicht sich dabei auch der Gedanke ein, ob das nicht irgendwie Musik von Musiknerds für Musiknerds ist. Die technische Versiertheit der Musiker ist absolut auf modernem Jazz-Niveau, handwerklich ist das schon wirklich krass. „Fracture“ ist also was für alle rastlos suchenden Dissonanz-Freaks, die normale Songstrukturen mit so Sachen wie Strophen oder Refrains total doof finden und echt viel Kondition beim Musikhören haben. Diese werden hier aber unter Garantie glücklich. Alle Genre-Puristen oder musikalisch schlichter gestrickte Gemüter dürften hier dagegen weiterziehen.

Tracklist
1. La Fosse
2. Mont Obscur
3. Fracture
4. L’Art de Pourrir
5. L’Inconnu
6. Brûlure du Temps

Geschrieben von Jonas am 15. Februar 2024