Grave Circles - Tome II

Grave Circles – Tome II

Les Acteurs de l’Ombre Productions
2020

Mit meiner zweiten Rezension als Gastautor bei Schattenpfade möchte ich mich dem Werk „Tome II“ der Ukrainer Grave Circles widmen. Dieses folgte auf die erste EP „Tome I“ aus dem Jahre 2017 und wurde ursprünglich bereits Ende letzten Jahres veröffentlicht, allerdings lediglich in digitaler Variante. Eine Kassette folgte dann im März dieses Jahres, eine CD und Platte dann im Mai über die Tonschmiede Les Acteurs de l’Ombre Productions aus Frankreich, die ja hin und wieder auch recht interessante Projekte veröffentlichen (ich denke da etwa an das noch gar nicht allzu weit in der Vergangenheit zurückliegende letzte Album „Grand Œuvre“ der Franzosen Triste Terre).

So gänzlich abwegig erscheint der Gang zu einem Label aus Frankreich ja nicht, immerhin handelt es sich bei dem Sänger um Baal, welcher ab 2018 auch für das Schlagwerk bei Peste Noire verantwortlich ist. Auch KGD ist kein Unbekannter, machte er doch in der Vergangenheit als Gitarrist von Kroda auf sich aufmerksam (inzwischen ist er wohl wieder in der Band als Bassist aktiv, Aufnahmen mit ihm existieren jedoch noch keine). Auch seine Band Stryvigor, die einen äußerst atmosphärischen Pfad beschreitet, dürfte dem einen oder anderen Liebhaber dieser Ausrichtung etwas sagen. Begleitet wird die hier als Quartett agierende Truppe (Virus ist inzwischen kein Teil mehr von Grave Circles) von diversen Gastmusikern, von denen S.S. als beständiger Weggefährte am Schlagzeug wohl den dominantesten Part übernimmt.

Aber kommen wir nun endlich zur Musik: „Tome II“ präsentiert sich auf den ersten Blick ein wenig chaotisch und brachial, doch wenn man sich etwas auf dieses Werk einlässt und hier ein wenig Zeit investiert, wird es einem schnell gewahr, dass dieser anfängliche Eindruck etwas täuscht. Der zelebrierte Stil ist natürlich Black Metal, wobei sich dieser Begriff in diesem Fall etwas weiter ausbreiten lässt… Grave Circles spielen in erster Linie einen sehr bodenständigen und ursprünglichen, unverfälschten Schwarzmetall, geben sich aber damit alleine nicht zufrieden, sondern verarbeiten noch einige weitere Einflüsse in ihrer Musik. So lassen sich hier vor allem desolate Knüppelorgien im Stile der deutschen Band Kathaaria oder der Marke Nightbringer sowie auch Momente düsterer Schwermut ausmachen, die mich dann so ein wenig an das letzte Album der Deutschen von Krater denken lassen. Aber auch stimmungsvolle und meditative Passagen, die einen Hauch okkulter Atmosphäre à la Hetroertzen oder Acherontas versprühen, lassen sich hier finden (in „Faith That Fades“ arbeitet man etwa mit gregorianisch anmutenden Chören, im letzten Lied dagegen findet zunehmend Dark Ambient Einklang nebst der Verwendung von Schellen und Glocken). Und das alles letztlich gepaart mit der kraftvollen Melodik solcher Horden wie Dissection oder Inquisition (als perfektes Beispiel hierfür wäre „Thy Light Returneth“ zu nennen).

Wer nun neugierig geworden ist, sollte auch einmal einen Blick in das wunderbar und stimmungsvoll gestaltete Beiheft werfen, welches alle Texte neben passenden Illustrationen bereithält und dem Ganzen einen sehr poetischen und philosophischen Anstrich verleiht, nichtsdestotrotz aber auch die misanthropische und den Tod glorifizierende Grundhaltung der Horde aufzeigt.

Das alles macht „Tome II“ für mich zu einer recht spannenden Angelegenheit und Grave Circles zu einer weiteren großartigen Band in dem Repertoire des LADLO-Labels. Eine klare Empfehlung für alle Anhänger oben genannter Bands, aber auch jenen, die sich gerne in großartig in Szene gesetzten dichten und düsteren musikalischen Atmosphären verlieren, kann ich an dieser Stelle nur zu einem Kauf raten!

Tracklist
1. Both of Me
2. Predominance
3. Faith That Fades
4. Thy Light Returneth
5. When Birthgivers Recognize the Atrocity
6. The Unspoken Curse
7. Abstract Life, Abstract Death

Geschrieben von Kraehenblut am 1. August 2020