Eigenproduktion
☠ 2024 ☠
„Schöpfung“, das wirklich starke – wenn auch etwas zu kurz geratene und schon leider vergriffene – Debütalbum der Österreicher von Weltenbrandt ist komplett spurlos an mir vorbeigegangen; im Oktober 2018 muss ich wohl vor geistiger Erschöpfung einen langen Winterschlaf eingelegt haben, denn anders kann ich es mir selber nicht erklären, wieso ich eine solch bildgewaltige musikalische Black-Metal-Kunst nicht zur Kenntnis genommen habe… Zum Glück fand aber das zweite, erst kürzlich erschienene Werk mit dem Titel „Transzendenz / Schatten / Romantik“ – alles Begriffe, die in unserem Schattenpfade-Wirkungskreis keine leeren Hülsen sind – den Weg in meinen Briefkasten. Seitdem rotiert der Silberling in regelmäßiger Dauerschleife in meinem Player. Bildgewaltig war auch mein Ersteindruck, wofür ganz eindeutig das wunderschön gezeichnete, lediglich in Schwarz, Grau und Rot getauchte und mit vielen naturmystischen Symboliken verzierte sowie mit der zentral positionierten Figur einer jungen Frau wohl sicherlich gewollt eine gewisse – und zugegebenermaßen teils auch etwas klischeehaft anmutende – Zigeuner-Romantik versprühende Artwork des Digipaks verantwortlich gemacht werden kann. Dieses stark aussagekräftige Bildnis ist – gar keine Frage – ein echter Blickfänger, der natürlich ebenso gleichwertig hohe Erwartungen an die sich im inneren verborgene Musik stellt. Doch jedwede mögliche Sorge verliert hier augenblicklich ihre Existenzgrundlage, weil der Opener „Melancholia Urgewalt“ mühelos alle an das schwarzmetallisch erzogene Ohr gestellten Anforderung erfüllt. Und mit dem darauffolgenden, bereits in August 2022 als Single ausgekoppelten Song „Apotropaion“ wird es noch viel besser! Dieser erweist sich als ein echter Korkenzieher, welcher uns einen reinen, edel gekelterten Klangwein einschenkt. Überzeugungstäter Bernhard „Berni“ Zieher, der Urheber dieses ursprünglichen Ein-Mann-Projektes, zieht hier wahrlich alle Register. Mit dem schnell dahingaloppierenden, alles mit sich reißenden Tremolo-Picking ist dieser Song ein kleines Meisterwerk des melodischen, mit einer gesunden Portion Melancholie ausstaffierten Black Metals. So darf man mit Recht behaupten, dass bei Weltenbrandt ganz klar und ausschließlich mit absoluter Hingabe zu Werke geschritten wird. Das hört man ausnahmslos in allen hier dargebotenen Nebelklangwänden und Lauten, die sich um keine aufgesetzte Trueness scheren und ebenso Post-Rock- wie Ambient-Einflüsse in dem Geflecht zulassen bzw. diesen große Flächen zum Entfalten einräumen. Kunst darf schließlich kein einengendes Korsett sein, also etwas, in das sich leider viel zu viele Bands mit aller Macht meinen hineinzwängen zu müssen. Mit den prominenten Gastsängern wird bei Weltebrandt eine offene und dennoch einen roten Faden verfolgende, aber genretreue Crossover-Kultur praktiziert, die man sich viel öfter in der sich oftmals nur schwarz-weiß darstellenden Black-Metal-Welt wünschen würde. Neben „Apotropaion“ empfiehlt es sich auch noch in „Tiefste Rast“ reinzuhören, denn da wird zum Ende hin noch einmal alles in verdichteter Form aufgefahren, was diese spannende österreichische Combo ausmacht.
☠ Tracklist ☠
1. Melancholia Urgewalt
2. Apotropaion
3. Resilienz
4. Ornament
5. Prana
6. Vergängnisdenkmal
7. Serenade
8. Broken Crosses
9. Tiefste Rast