Urdbrunn - Pfade des Seins

Urdbrunn – Pfade des Seins

Eigenproduktion
2021

Falls ihr auch zu denjenigen Black-Metal-Liebhabern gehört, die das Debütalbum von Urdbrunn letztes Jahr verpasst haben, dann solltet ihr jetzt unbedingt einen Schritt zurück in die Vergangenheit gehen und diesen Umstand schleunigst korrigieren. Einige Exemplare der auf nur 100 Stück limitierten CD sollte es nämlich noch zu ergattern geben. Und es lohnt sich auf jeden Fall, denn die hier gebotene, melodische Schiene des paganen Schwarzmetalls hat es wirklich in sich. Der Opener „Was verborgen liegt…“ ergießt sich bereits ohne Umschweife in ausgesprochen gut ins Ohr gehende Klanglandschaften, weiß den Hörer mit grazil sprühenden, die Stimmung aufhellenden Keyboard-Elementen zu umgarnen und ihn bestens auf die bevorstehende Reise vorzubereiten. Und wenn die Gitarre die energetische Leitmelodie des zweiten Songs „Geist meines Wolfes“ einläutet, dann dürfte nun ein jeder durch und durch ausgeh- und wanderfertig sein. Mitten in die Natur geht es hinaus (was sich anhand des schön gestalteten Booklets eindeutig ableiten lässt), wo man in stiller Einsamkeit und mit Wind in den Haaren über sich selbst und das Wesen des Seins sinnieren kann. Die Thematik des Albums dreht sich komplett ums Vergehen in der Zeit, also um jene vage Illusion des Augenblicks, den wir hier auf Mutters Erden verbringen dürfen. Es sind seit jeher Fragen, auf die der Mensch keine zufriedenstellenden Antworten findet, erst recht nicht jetzt, wo wir uns durch den technischen Fortschritt am meisten von unserer natürlichen Spiritualität entfernt haben. Mit solch einer erhabenen Musik in den Ohren, wird sich einem aber vielleicht seine eigene, ganz persönliche Einsicht auf derart gelagerte Fragen offenbaren.

Ein letztes Lied gesungen, ein letztes Leid geklagt
Die Reise unaufhaltsam; der Lauf der Zeit
Das letzte Lied verstummt, das letzte Leid vergangen
Der letzte Knoten ist erreicht im wirren Nornengeflecht

Die weiteren Songs des Albums sind, bis vielleicht auf den vierten, ein wenig zu straight geratenen, alle auf so ziemlich gleich hohem Niveau angesiedelt, weit über der oftmals nebelverhangenen Stufe der Mittelmäßigkeit thronend. Die Stimme des Einzelkämpfers Kenaz, der zusätzlich zu diesem Soloprojekt auch noch bei Death Comes in Waves und Kapala in die Saiten haut, schwingt jederzeit synchron mit den melodischen Harmonien der Instrumente, wodurch hier eine weitgehend nach vorn preschende und aufbauschende, geflissentlich zu atmosphärischen Anflügen aufsteigende Stimmung – gerade beim sechsten Song „Nur ein Hauch im Sturm“ ganz besonders markant hervorstechend – erzeugt wird. Diese zu durchbrechen, dass vermag einzig und allein nur das ruhige Instrumentalstück in der Mitte des Albums. Mit dem längsten Song „Die Wunden des Greises“ wird zu guter Letzt gekonnt der Kreislauf des Lebens geschlossen und der Zuhörer seinen eigenen Gedanken überlassen. Alles in allem bilden die „Pfade des Seins“ ein vollkommen schlüssiges und ebenso gewichtiges Konzeptalbum des deutschen Black-Metal-Undergrounds!

Tracklist
1. Was verborgen liegt…
2. Geist meines Wolfes
3. In die Fluten des Nichts
4. Der Dorn im Auge
5. Feuerschein
6. Nur ein Hauch im Sturm
7. Sterbende Augen
8. Die Wunden des Greises

Geschrieben von Adam am 4. Mai 2022