Alphatraz - Gebeine

Alphatraz – Gebeine

Eigenproduktion
2022

Einen besseren Titel wie „Gebeine“ sowie ein schöneres Cover-Artwork, das einen verrotteten, aufm Piano sitzenden Skelett zeigt, kann man sich wohl nicht aussuchen, um die ungeteilte Aufmerksamkeit auf ein instrumentales Album zu lenken. Für sein auf Alphatraz getauftes Projekt hat Christoph Martin diesbezüglich ein wahrlich gutes Händchen bewiesen. Als Pianist muss er sowieso gleich zwei gute Händchen haben, um den vielen schwarzen und weißen Tasten wohlklingende, gut miteinander harmonierende Töne entlocken zu können. Nachdem er sich schon im Vorfeld als Piano-Interpret für Metal-Songs einen guten Ruf erarbeiten konnte, führt er nun seine eigenen, metallisch inspirierten Kompositionen ins Feld, zehn an der Zahl. Obwohl metallisch inspiriert, so findet der geneigte Hörer erwartungsgemäß nur die reinsten Piano-Klänge auf „Gebeine“ vor. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man sich dieses Werk in seine vier Wände holen möchte. Keine E-Gitarre, keine dröhnenden Bass-Spuren und auch kein Schlagwerk-Getöse, obwohl Christoph, ein musikalisches Multitalent, all dies bedienen könnte. Hier bleibt er seinem Lieblingsinstrument treu und verzaubert mit sanften, jedoch beständig bedrückend angestimmten, schemenhaften Tastenanschlägen, die mal geisterhafte Gefühlsanflüge, mal düstere Grabesgedanken heraufbeschwören können, und die bestens im Einklang mit solch Titeln wie „Sketches of Pain“ oder „Occultatio“ stehen. Das Ganze lässt sich meiner Ansicht nach noch am ehesten mit einem schleichenden Funeral Doom vereinbaren, welcher, wenn auch von Haus aus etwas anders initiiert, eine ähnlich trübselige Stimmung verbreitet und – gleichsam verwandt – mit ebenso zerbrechlichen Melodien hantiert. Behutsam und langsam dahingleitend ist dementsprechend die Musik von Alphatraz, entschleunigend, um nicht zu sagen weltentrückt. Oder anders formuliert: Es ist de facto der perfekte Soundtrack, um sich schon mal im Vorfeld auf seine eigene, unausweichliche Grabesruh (dazu höre man sich den neunten, gleichnamigen Track an) und -kälte vorzubereiten. Alle, die Piano-Klänge und/oder auch den artifiziellen Dungeon Synth lieben und schon mehrere CDs dieser Ausrichtung im Schrank stehen haben, können hier geradewegs blind zuschlagen, alle anderen sollten zumindest reinhören, denn wer weiß, vielleicht entdeckt der oder die eine oder andere auf diesem Silberling eine ganz neue musikalische Liebe für sich.

Tracklist
1. Scary Waltz
2. Sketches of Pain
3. Gebeine
4. Opus 207
5. Vindicta
6. Occultatio
7. Legatum
8. Rixa
9. Grabesruh
10. Teufelskreis

Geschrieben von Adam am 12. Dezember 2022